Die großen Ziele beginnen mit der Hoffnung - Die Geschichte
Die Deutsch Langhaar nimmt unter den Rassekatzen eine Sonderstellung ein. Keine andere Rasse hat so lange auf ihre internationale Anerkennung warten müssen und das, obwohl es schon seit 1929 einen Standard und eine Punkteskala für sie gibt. Dennoch fehlten bis vor wenigen Jahren die registrierten Katzen, die diesem Standard entsprechen. Sie galt als ausgestorben, die einzige langhaarige Katzenrasse Deutschlands.
Prof. Dr. Schwangart hoffte, er könne der besonders in Großbritannien seit Jahrzehnten gezüchteten Perserkatze mit der Deutsch Langhaar eine weitere, länger behaarte, jedoch pflegeleichte Katze an die Seite stellen. Auf der Berliner Ausstellung des "Bundes für Katzenzucht und Katzenschutz" wurde sie im Jahre 1930 erstmals durch ihn vorgestellt. Es war die erste nationale Anerkennungsausstellung. In den Jahren darauf war die Deutsch Langhaar häufig auf Ausstellungen zu sehen. Der Deutsch-Langhaarkater " Fuchs von der Rheinburg" wurde 1932 Bundessieger. Er war im Besitz von Dr. med. Heine in Leipzig.
Mit dem von ihm entwickelten Standard von 1929 teilte Schwangart in "Stammesgeschichte, Rassekunde und Zuchtsystem der Hauskatze" die langhaarigen Katzentypen in zwei Kategorien ein:
Langhaar wiederholt in der Hauptsache die von Kurzhaar bekannten Muster und Färbungen. Hiernach aber Parallelrassen zu Kurzhaar herauszüchten wollen hieße den Abbau altüberlieferter, durchgestalteter Grundform verlangen. Von Kurzhaar wenig bekannte, bei Langhaar beliebte Farbnuancen: Chinchilla, pfirsich-, feuerfarben.
Für alles Langhaar gilt: gedrungener Körperbau, kurze stämmige Beine, breiter Kopf mit relativ kurzem, breit auslaufendem Schnauzenteil, mäßig kleine Ohren (im Einklang mit F. silvestris, die „kleinohrig" ist); ziemlich kurzer, schöngetragner Schweif; ausgesprochenes Langhaar, keine „Halbangoras". Eine Langhaarschlankform gibt es nicht, Spitzgesicht entwertet.
Hierunter:
Langhaarklasse (und -rasse):
1. Perser.
Dicker „Rundkopf". Stirn vorgetrieben, schroff abstürzend zum breiten, kurzen Nasenrücken, dadurch ein wie „grimmiger" Gesichtsausdruck. Haar mehr wollig als bei anderm Langhaar. Gut entwickelte „Halskrause". Auf Größe zu züchten.
2. Deutsch-Langhaar.
Stirn abgeschrägt, nicht vorgetrieben noch emporgewölbt, in den Nasenrücken überfließend oder mit ganz kleiner Stufung in ihn überleitend. Nasenrücken gestreckt; gerade oder leicht hakig. Figur darf etwas weniger gedrungen, die Bewegungsweise flüssiger sein als bei den Persern, der Schweif etwas länger.
In beiden Rassen, Perser und Deutsch-Langhaar, gelten die gleichen Färbungs- und Zeichnungsgruppen."
In seiner Abhandlung "Zur Rassenbildung und -züchtung der Hauskatze (Ergebnisse und Probleme)" von 1932 schrieb er weiterhin:
Weitere Langhaarrassen sind die von mir selbst aufgestellten Deutsch-Langhaar und die seit 2 Jahren in Paris erscheinende Birmarasse. Hinsichtlich der Form gelten zunächst für den Perser und für Deutsch-Langhaar diese gemeinsamen Züge: ' Gedrungener Körperbau, kurze, stämmige Beine, breiter Kopf, mit rel. kurzem, breit endigenden Schnauzenteil. Die Ohren mäßig klein. Ziemlich kurzer, schön getragener Schweif. Ausgesprochenes, schmiegsames Langhaar (aber Altersdifferenzen, Jahreszeit, evtl. Trächtigkeit berücksichtigen). Rückenscheitel, Halskrause, behoste Hinterschenkel. (SCHWANGART 'Zuchteinteilung und Bewertungsvorschrift')."
"Für meine Rasse Deutsch-Langhaar gilt im Gegensatz zum Perser diese Diagnose: 'Stirn abgeschrägt, nicht vorgetrieben, in flachem Bogen zum Nasenrücken überfließend oder mit leichter Stufung in ihn überleitend. Nasenrücken gestreckt, gerade oder leicht hakig. Die Figur darf etwas weniger gedrungen, die Bewegungsweise flüssiger sein als beim Perser, Schweif etwas länger.' Um der schon erwähnten Nachrede abzuhelfen, diese Rasse sei "spitzgesichtig", habe ich ihrer Diagnose, gleich der für beide Rassen, hinzugefügt: Breiter, nicht zugespritzter Schnauzenteil'. Denselben Zweck erfüllt nebenher der Hinweis :'Dieser Kopf ist Seitenstück zu dem des Kurzhaartigers.""Deutsch-Langhaar kommt in denselben Färbungs- und Zeichnungsvarianten vor wie der Perser. Es bilden sich bei jeder der beiden Rassen diese Bewertungsgruppen: Einfarbene (schwarz, weiß, blau, isabell und andere), Schecken (zwei-, dreifarb) und "Masken", Chinchilla, Pfirsich, "Rauchkatzen", Silberfarbene, Gemusterte ("Tiger" und "Marmors")"
Auch den Ursprung der Rasse erklärt Schwangart in seinem Text von 1932:
Kopf und Gesicht von Deutsch-Langhaar tragen Züge von nordischen F. silvestris"
"Der Typengruppe, die man als Felis silvestris SCHEEB zusammenzufassen pflegt, eingegliedert, fielen unsere standardrechten Angoras, wie schon erwähnt, dem extrem „silvestrismäßig" gebildeten nordischen Flügel zu, wobei sich also Deutsch-Langhaar im Gegensatz zu dem domestikativ entformten Perser in den Grenzen des beim Wildmaterial gestaltlich Normalen hält. Wir kennen von „Felis silvestris" jetzt eine stattliche Reihe geographischer Typen und finden, wie gesagt, bereits bei Siebenbürgen Stücke von etwas schlankerem Bau und mit schmalerer Schnauze als ich an einem Preisbewerber der Rassen Perser und Deutsch-Langhaar sehen möchte; auch die Rasse Kurzhaartiger, ist hinzuzufügen. Solche Wildkatzen sind dann auch manchmal, gemessen am Format nordischer Artgenossen, auffallend klein; sie können auch kleiner sein als so manche unserer Lang- und Kurzhaarhauskatzen."
"(...)möchte ich sagen: bloße genaue Wiederherstellung der Wildahnenform aus der Mitte eines domestikativ veränderten Bestandes gilt kaum irgendwo als Ziel einer Tierzucht. Wenn mir selbst bei der Konstituierung von Deutsch-Langhaar oder des Kurzhaartigers Rücksicht auf wertvolles Wildahnengut nahelag, so leitete mich diese Rücksicht nicht ausschließlich, und so weit sie es tat, ging es dabei um die Konstitution, nicht um Imitation."
In seinem letzten Werk "Übersicht und Beschreibung der Hauskatzenrassen" (1954) schrieb er noch einmal ausführlich über die Deutsch Langhaar in Typ und Farbe:
Deutsch-Langhaar.
Stirn abgeschrägt, nicht vorgetrieben, in flachem Bogen zum Nasenrücken überfließend oder mit ganz leichter Stufung. Nasenrücken ohne Sattel. Breiter, nicht zugespitzter Schnauzenteil (genau wie beim Perser). Die Figur darf etwas weniger gedrungen sein als beim Perser, der Schweif wenig länger.
Deutsch-Langhaar läßt sich reinzüchten. Es müssen die Zwischenstufen zum Perser obiger Form, die in manchen Farbschlägen häufig sind, ausgeschaltet werden. Die Rasse wurde, zuerst durch mich in Deutschland unterschieden, der Name entspricht einem in der Hundezüchtung. Sie ist keineswegs auf Deutschland beschränkt. Sie steht der Stammform näher als der Perser. Ihre Züchtung lohnt wegen ihrer Schönheit, und sie wirkt der Degeneration des Langhaars entgegen. Die verbreitete Behauptung, es handle sich um „Spitzköpfe.", die bei allem Langhaar fehlerhaft sind, beruht auf unlauterer Propaganda.
Färbungs- und Zeichnungsgruppen:
a) Einfarbene (schwarz, weiß, blau, isabell, orange u.a.).
Anflug von Scheckung oder Musterung schließt von dieser Gruppe aus. Blaue stahl- oder lichtblau. Schwarze nicht bräunlich. Nase, Ballen. Rächen bei blau und schwarz dunkel. Augenfarbe bei Schwarzen tiefgelb, bei Weißen blau oder gelb (am besten beide getrennt aufstellen)! Taubheit entwertet; bei blauäugig hoher Prozentsatz (Prüfung mit der Pfeife, dem Tier unsichtbar). Als Hautfarbe bei weiß wird gern rosa verlangt, wegen der mit albinotischen Eigenschaften (rosa Haut, blaues Auge) verbundenen Neigung zu Degeneration (Taubheit u. a.) ist auch ein dunkelhäutiger Schlag erwünscht.
b) Chinchilla, Pfirsichfarben, Rauchkatzen (ohne Muster), Silberige.
Chinchilla hellerer und dunklerer Tönung. Ihre Haarspitzen schwarz, die schwarze Zone nicht zu lang. Zu heller Grundton fehlerhaft. Vorzüge: schwarze Augen- und Nasenränder, Lippen und Sohlen, dagegen weiße Krallen.
Pfirsichfarbene : zwischen bläulich und orange, fleischfarbene Nase und Ballen.
Rauchkatzen: bei weißlichem Basalteil der Haare tiefdunkel berauchte Spitzenfärbung. Bei der Nuance „moro argentato" ist das Weiß silbrig und die Krause hat mehr Silberton als das übrige Haar. Nase und Ballen tiefdunkel.
Augen in dieser gesamten Gruppe wie immer je nach Haarfarbe, Rauchkatze z. B. am besten Ambra.
c) Gemusterte (Tiger und Marmor).
Die Muster bei Langhaar nicht rassebegründend wie bei Kurzhaar. Sie müssen auch hier gut ausgebildet sein und kräftig abstechen. Formmerkmale sind für Tiger wie Marmor hier die der beiden Langhaarrassen. Es gelten alle die unter II, 2 und 3 genannten und beschriebenen Farbschläge. Die Nase darf schwarz oder rot sein.
d).Schecken (zwei- und dreifarbene, Maskenkatzen).
Ohne Spur von Muster. Maskenkatzen höher als unsymmetrische Gescheckte. Unter diesen setzt stark überwiegendes weiß je nach der Ausdehnung herab. „Schildpatts" (Schwarz- und Gelbnuancen) gehen den „Spaniern" (dieselben Farben mit weiß) bei sonst gleicher Beschaffenheit vor. Die Farben der Schildpatts sollen in möglichst großen Flächen verteilt sein, was bei uns sehr selten vorkommt. Augen nach der vorherrschenden Haarfarbe.
Punktskala nach Schwangart 1954:
Statur: 25
Kopf: 25
Augen: 10
Haar: 15
Fell: 15
Schweif: 10
gesamt: 100
Der Zweite Weltkrieg unterbrach das Zuchtvorhaben, die Zucht dieser Rasse kam ins Stocken und wenige Jahre später ganz zum Erliegen.
Als einzige Cattery hat Frau R. Aschemeier 1968 mit Tieren, die sie von einer früheren Züchterin geschenkt bekam, das Projekt “Deutsch Langhaarkatze” wiederbelebt und in Eigenregie passende Tiere gesucht und verpaart. Ihre Tiere gelten als sehr typvolle Vertreter ihrer Rasse. Dies wurde sogar in der Fachliteratur erwähnt.
2005 fand sich unsere stetig wachsende Züchtergruppe zusammen. Ebenso wie Frau Aschemeier wollen wir verhindern, dass diese Rasse vielleicht irgendwann tatsächlich von der Bildfläche verschwindet. Im ersten Schritt suchten wir freilebende geeignete Foundationtiere, die dem Standard der Deutsch Langhaarkatze in großem Maße entsprachen und begannen die kontrollierte Zucht.
2009 hat Frau Aschemeier ähnlich wie sie selbst 1968 zu ihren Tieren kam, fünf ihrer Katzen vertrauensvoll in unsere Hände gegeben. Wie wertvoll dieses seit Jahrzehnten gepflegte Erbgut ist, kann man sich sicher vorstellen. Die Erhaltungszucht der Deutsch Langhaarkatze wurde damit ein sehr großes Stück vorangebracht und wir sind Frau Aschemeier sehr dankbar für diesen Vertrauensbeweis und diese Geste.
2010 wurde nun erstmals eine internationale Rasseanerkennung der Deutsch Langhaar beantragt. Leider fand die Deutsch Langhaar im Richtergremium der WCF keine Zustimmung als eigenständige Rasse. Den Züchtern wurde daher der Vorschlag unterbreitet, unter Traditional Longhair, die die Anerkennung zum 01.01.2011 erlangte, wie der Name schon sagt, als eine traditionelle Langhaarkatze anerkannt zu werden. Um zu verdeutlichen, dass es sich dennoch um die Deutsch Langhaar handelt, wird dem Rassenamen "Traditional Longhair" der Zusatz "Deutsch Langhaar" beigefügt.
2012 stimmte das Richtergremium der WCF noch einmal über unseren Anerkennungsantrag von 2010 ab und kam diesmal wider Erwarten zu einem positiven Abstimmungsergebnis. Mit einer deutlichen Mehrheit von 75 % wurde die Rasse Deutsch Langhaar angenommen und ist seit dem 01.07.2012 international anerkannt. Auch die anderen Farben der Traditional Longhair neben Silber und Golden wurden bei dieser Generalversammlung angenommen. Da der Grundgedanke jedoch immer war, Deutsch Langhaar nach Prof. Schwangarts Vorstellungen zu züchten, freuen wir uns, dass die Rasse unter dieser Bezeichnung endlich wieder international anerkannt ist.