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Vorwort

Wenn man aus der Oberlausitz in Richtung Erzgebirge über die Höhen in Elbtal kommt, erblickt man die malerisch gelegene Stadt Pirna.

Die Altstadt Pirnas, die das erste Mal Ende des 13. Jahrhunderts erwähnt wurde, liegt unterhalb des Sonnensteiner Schlosses.

Die große Marienkirche in der Mitte der Altstadt thront, gleich einer Glucke über ihren Küken, über den Häusern der Altstadt.

Lässt man seine Blicke weiter über die Anhöhen schweifen, erblickt man südöstlich oberhalb von Pirna ein Bauerngut. Dieses Gut, welches noch heute bei den älteren Bewohnern von Pirna unter dem Namen "Wand Lehmann" bekannt ist, war früher ein Vorwerk. Es ist wahrscheinlich der letzte Teil, der bereits im 14. Jahrhundert untergegangenen Siedlung der Mark Mannewitz. Dieses Gut ist heute meine Heimat und vermutlich der älteste Abschnitt Pirnas. Da dieser Hof so alt ist, barg und birgt er noch immer unheimlich viele Geheimnisse über Freud und Leid der Menschen, die einst hier lebten. Im folgenden Text möchte ich einige dieser Geheimnisse lüften (aber Achtung, die Geschichte ist lang!).


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Winterabend in Mannewitz, H. Jährig 1947


Die Geschichte des Guts Mannewitz

Funde bei Grabungen um das Jahr 1960 lassen vermuten, dass schon zur Bronzezeit Menschen an der Krietzschwitzer Straße oberhalb des Hausberges siedelten. Diese Siedlung trug und trägt noch immer den Namen Mannewitz. Dieser Name wurde jedoch erst in der Zeit zwischen 1089 und 1280, als die Mark Meißen, Pirna und somit auch die Mark Mannewitz an die Wettiner ging, erwähnt.

Dieses Land wurde in der Familie der Wettiner vererbt, verkauft und teilweise als Mitgift "verschenkt". Um das Jahr 1280 wurde das Vorwerk Mannewitz vermutlich unter Friedrich Tuta, auch ein Wettiner (starb 1291 im Alter von 22 Jahren an vergifteten Kirschen, daher die Redewendung "nicht gut Kirschen essen"), erbaut und erstmalig urkundlich erwähnt.

Seit 1296 verlief die Böhmisch-Meißnische Grenze zwischen dem Schloß Sonnenstein und dem Vorwerk Mannewitz. An diese Grenze sollen die Steinkreuze im Kreuzgarten und an der Krietzschwitzer Straße erinnern.

Das Vorwerk gehörte zu dieser Zeit jedoch weder zum Amt Pirna noch zum Königreich Böhmen. Die Herrschaft Dresden war für Mannewitz zuständig, das heißt Mannewitz gehörte eindeutig zur Mark Meißen. Der größte Teil der Bewohner des Dorfes Mannewitz wanderte um 1300 in die Gemeinde Pirna ab, da diese sicherer und für Handel und Gewerbe günstiger gelegen war.

Es gab auch ein Mannewitzer Familiengeschlecht, welches 1311 in einer burggräflichen Dohnaischen Urkunde erstmals genannt wurde (Otto von Mannewitz). Seit 1335 war Markgraf Friedrich der II., auch Friedrich der Ernste genannt, Lehnsherr des Vorwerkes Mannewitz. Er bekam einen nicht ganz unbedeutenden Jahreszins an Geld, Getreide und Hühnern. Zwei Schock und 25 Groschen waren jährlich am 1. Mai (Feste der Apostel Philippus und Jacobus) und am 29. September (Sommerende/Ernteabschluss) an den Markgrafen abzutreten.

Ferner mussten 10 3/4 Scheffel Weizen und 21 1/2 Scheffel Hafer (ein Dresdner Scheffel entspricht 1,04 Hektoliter), also 11,20 Hektoliter Weizen und 22,40 Hektoliter Hafer, sowie 20 junge Hühner der Rasse Rodeländer entrichtet werden.

Seit 1337 besaß der Pfarrer zu Pirna, Johannes Junge, einige Zinsen an dem Gut Mannewitz.

Am 8. Juli 1337 wird das Dorf Mannewitz böhmisches Lehen, geht dann jedoch Mitte des 14. Jahrhundert unter. Nur das Gehöft kommt um 1400 mit der Pflege Pirna wieder zurück ins Meißnische.

1346 wird das Gut in einer Urkunde erstmalig als allodium (Vorwerk) bezeichnet.

Schon 1402 verkaufen der Meißner Bischof Thimo und seine Brüder Albrecht und Georg von Colditz ihrem Diener Andreas von Gleynitz das Vorwerk zu Pirna (Mannewitz) mit einem Burglehen für 100,- Schock Prager Groschen (zum Burglehen gehörten Grundbesitz und Häuser in der Stadt, vor dem Schifftor und in Copitz).

1411 erhält die Familie Mannewitz den Gamig, ein Rittergut in einem selbstständigen Gutsbezirk bei Dohna, und wird danach nicht wieder erwähnt. Laut dem Nitzschmannianum (1669 Scriptum des Pirnaer Stadtschreiber Gottfried Nitzschmann) soll die Siedlung Mannewitz während der Hussitenkriege (1419 -1436) fast vollständig zerstört worden sein, so dass man nur noch von der "Wüste Mannewitz" sprach.

Bis 1513 wurde das Gut vom Kloster Altzella an die Bewohner Pirnas verliehen, dann jedoch schloss Altzella einen Vertrag mit der Gemeinde Pirna ab, der besagte, dass Pirna Mannewitz für einige Abgaben sein Eigen nennen durfte.

1527 holte man Baumaterial (Sandsteine) für die Stadt Pirna aus den Ruinen der Mannewitzer Bauernhäuser.

Um 1550 wird wieder ein allodium (Vorwerk) zu Mannewitz erwähnt. Es ist nicht klar, ob es sich hier um das Original von 1346, oder um ein nach dem Hussitenkrieg neu aufgebautes Vorwerk Mannewitz handelt. Es wird jedoch angenommen, dass das ursprüngliche Vorwerk Mannewitz erhalten geblieben ist.

1560 werden um das Gut durch den Rat der Stadt Pirna Flächen für Weinberge angelegt.Schon ein Jahr später verlost der Rat der Stadt Pirna etwa 64 gleich große Flächen zum Weinanbau an alle Einwohner die das Brau- und Schankrecht besaßen.

Zehn Jahre darauf besaß der spätere Bürgermeister von Pirna (1603 -1606) Salomon Schmelzer das Gut Mannewitz und etliche Weinberge, welche er vom Amtsschösser Franz Würmel erkauft hatte.

Später wurde das Gut Mannewitz auf der Vermessungskarte von Matthias Öder erwähnt. Öder hatte auf Befehl des Kurfürsten Christian des I. von 1586 bis 1607 eine Landvermessung Sachsens durchgeführt. Da sich seit 1595 der Zins für Mannewitz an Altzella verzwanzigfacht hatte, versuchte Pirna mehrere Male ohne Erfolg, Mannewitz an Dresden abzutreten.

Um 1600 lässt Salomon Schmelzer einen Teil des Gutes abreißen und errichtet es auf den alten Mauern neu. Auf den in den Fels gehauenen Brunnen, lässt er angeblich ein sonderbares Häuschen bauen. Von diesem Häuschen ist heute nichts mehr zu sehen. Der Brunnen (über 18 m tief) selbst ist mit einem großen Mühlstein abgedeckt.

Nach Schmelzers Tod 1606, kauft der Ratsherr und Tuchmachmeister Valentin das Mannewitzer Gut. 1625 stirbt V. Rauffuss und sein Sohn Melchior Rauffuss (Bürgermeister von Pirna ab 1649 bis 1670 ) und seine Tochter Maria Rauffuss (spätere Ehefrau des Bürgermeisters von Pirna, Christoph Werner, ab 1632 bis 1639) übernehmen das Gut.

Der Maler Wilhelm Dilich stellt 1628 eine Ansicht von Pirna dar, auf der ein dreibeiniger Galgen auf der östlichen Teilansicht des Vorwerks zu sehen ist. Einige Zeit später zeichnet der Maler Matthäus Merian auf einem seiner Bilder einen Galgen in der Nähe des Vorwerks. Dieser Galgen ist teilweise von einem Haus (Unterstand?) umgeben.

Während der darauf folgenden Zeit des Pirna'schen Elends, verfiel das Vorwerk zusehends und wurde zuguterletzt vermutlich von den Schweden zerstört (etwa 1639).

Um 1660 besaß Bürgermeister Johann Christoph Volckammer (35 Jahre Bürgermeister von Pirna) mehrere Grundstücke auf und um Mannewitz. Er kaufte später weitere Weinberge, die man Volckammer'sche Obere- und Niedere Weinberge nannte. Das Vorwerk verfiel weiter und wurde in der Stadt Pirna als "Wüstes Vorwerk" bezeichnet.

1691 kommt Volckammer in finanzielle Schwierigkeiten. Diese schlechten Verhältnisse versucht er durch die Suche nach dem Mannewitzer Klosterschatz (Sagen um Mannewitz) auszugleichen. Seine finanziellen Verhältnisse verschlechtern sich durch diese vergebliche Schatzsuche nur noch mehr, bis er 1703 in sehr ärmlichen Verhältnissen verstirbt. Sein Sohn Gottlob Theodor Volckammer erbte die Weinberge. Er konnte sie jedoch nicht lange halten und musste sie schon 1710 verkaufen.

Die Käuferin mit Namen Anna Ursula von Spiller, trat das gesamte Grundstück nach dem Kauf, samt neuer Bebauung, an ihre Schwester Maria Elisabeth Schützin, geborene Freiin von Zedlitz, ab. Diese ließ aus den umliegenden wüsten Weinbergen wieder bebaubare Felder machen.

Im Jahr 1732 wurde erneut ein Teil des neu aufgebauten Vorwerks zum Straßenbau (heutige Krietzschwitzer Straße) abgerissen.

Zu dieser Zeit ist das Vorwerk im Besitz von Johann George Müller, der es dann aufgrund zu hoher Zinsen an Johann Christian Neumann verkauft.

1747 kauft Neumann noch weitere Äcker zu seinem Vorwerk dazu. Er fand nur sehr schlecht Pächter für sein Land, weil der gleich in der Nähe stehende dreibeinige Galgen (siehe 1628) die Bewohner in Angst und Schrecken versetzte. Auf einer Zeichnung (von Julius Heinrich um 1750 (im Stadtmuseum Pirna zu besichtigen)) sind neben einem pflügenden Bauern auch Mauerreste dargestellt, die in ihrer Lage zum Schloß Sonnenstein eigentlich nur die Reste vom Vorwerk sein können.

Während des siebenjährigen Krieges ist das Gut Neumanns das verschanzte Lager der etwa hundert Mann starken sächsischen Leibgrenadiergarde. So wurden entlang des Vorwerks, vorbei am Galgen bis nach Cunnersdorf, Schanzen und Gräben aufgeworfen 1761 stirbt Neumann und sein Besitz bleibt bis 1765 in den Händen seiner Erben.

Johanne Eleonore Peschel (geb. Neumann), Ehefrau des Schuhmachmeisters Johann Christoph Peschel übernimmt das Vorwerk 1766 von ihren Geschwistern und Miterben. Sie verkauft es jedoch schon 1768 an den Meister Johann Sigismund Zschunke zum Preis von 1050,- Talern.

Dieser baute es wieder mit Wohnhaus, Pferdestall, Scheune, Kuhstall und Wagenschuppen auf. In sein Testament setzte Zschunke seine beiden verheirateten Töchter Sophia Magdalena Rehn und Johanna Eleonora Irmisch ein. 1808 kaufte Johanna Eleonora Irmisch ihrer Schwester die eine Hälfte des Vorwerks ab und war somit die alleinige Besitzerin.

1813 wurde das Gut Mannewitz wieder zu einem Kriegsschauplatz zwischen Russen und Franzosen. Johanna Eleonora Irmisch litt unter den Ereignissen des Befreiungskrieges. Da die Felder zu dieser Zeit nicht genutzt werden konnten, kam es zu Schäden in Höhe von 26.000 Talern.

Auf behördliche Bestätigung wurde sie einigermaßen entschädigt. Am 10.10.1813 errichteten die Russen auf dem Galgenberg (Galgen stand noch immer) ein Lager, um die Franzosen im Schloß Sonnenstein zu beschießen.

Schon am 18.10.1813 ließ der französische Kommandant, nach dem Abzug der Russen, das Vorwerk abbrennen und in den folgenden Wochen durch Maurer aus Pirna die Trümmer notdürftig abtragen. Die Franzosen wollten damit einer abermaligen Verschanzung der Russen vorbeugen. Auch der Galgen wurde dem Erdboden gleich gemacht; das Einzige, was die Pirnaer Einwohner begrüßten, da der Galgen die schöne Gegend merklich verunstaltete.

Am 19.10.1813 hatte Johanna Eleonora Irmisch nichts mehr, weder Haus noch Geld. Bis 1819 lag das Vorwerk in Trümmern, da J. E. Irmisch die Mittel zum Wiederaufbau fehlten.

Von 1819 bis 1821 wurde das Gut neu aufgebaut, jedoch musste Johanna Eleonora Irmisch 1820 aus Geldmangel einer inoffiziellen Zwangsversteigerung zustimmen. Das Gut ging am 12.08.1821 an die Gemeinde Pirna. Von der Gemeinde pachtete die Kämmerei Conradi das Grundstück. Doch es kam zu einem Rechtsstreit, da niemand wusste, wer das Gut bezahlen sollte. Weder die Stadt noch die Kämmerei wollte Frau Johanna Eleonora Irmisch die volle Summe von 7500,- Talern zahlen. Sie bekam ihr Geld später von der Stadtverwaltung Dresden. Und Dresden wiederum klagte sein Geld bei Pirna ein. Pirna blieb 1834 nichts anderes übrig, als das Gut öffentlich zu versteigern. Andreas Kummer war mit 5025,- Talern der meistbietende Landwirt und wurde somit neuer Besitzer des Vorwerkes.

1840 wurde in Pirna der Versuch der Seidenraupenzucht gestartet. Dazu wurden Maulbeerbäume um das Gut angepflanzt und ein Raupenhaus unterhalb des Vorwerkes gebaut. Das Raupenhaus brannte 1906 ab, wurde aber wieder aufgebaut. Ein letztes Zeugnis dieser Seidenraupenzucht ist der noch vorhandene Maulbeerbaum direkt hinter der Scheune des Gutes. Dieser Maulbeerbaum wurde Ende 2007 unter Naturdenkmalschutz gestellt und steht der öffentlichen Besichtigung frei.

Etwa zur gleichen Zeit verkauft Andreas Kummer das Gut an Frau Buschick (Vorname nicht leserlich). Diese belastet das Vorwerk mit mehreren tausend Talern Schulden.

Als ihr Sohn Ernst Gustav Buschick das Gut am 8. August 1859 erbt, belaufen sich die Schulden auf etwa 4500 bis 5000 Taler. Zu viel für Ernst Gustav Buschick und er beschließt das Gut für 6500 Taler zu verkaufen.

Am 6. Oktober 1859 ging das Gut an meinen Urururgroßvater Heinrich Ernst Lehmann. Von diesem Tag an gehört das Gut Mannewitz in unseren Familienbesitz.